Faultiere werden nur selten krank – darum sollen sie jetzt helfen Leben zu retten
Faultiere leiden nur selten unter einer Infektion. Ein Forscher aus Costa Rica ist dem Gesundheitsgeheimnis der Säugetiere auf der Spur. Sein Ziel: Ein neues Antibiotikum entdecken!
Seit 31 Jahren pflegt Judy Avey-Arroyo in Costa Rica Faultiere, die verletzt oder krank aufgefunden werden – mit dem Ziel sie gesund in die Freiheit zu entlassen. Judy kam aus Alaska und verliebte sich in das Land und ihren späteren Ehemann, mit dem sie zusammen in Limón die einmalige Rettungsstation Sloth Sanctuary gründete: „Über 1000 Faultiere haben wir behandelt, viele davon waren durch Stromschläge an Elektrizitätskabeln oder von Autos schwer verletzt.“ Einige der Tiere hatten Beine verloren, aber keines litt unter infizierten Wunden, so ihre Beobachtung.
Das fand auch der Wissenschaftler Max Chavarria von der Universität von Costa Rica in San José erstaunlich und begann, sich die Faultiere auf der Rettungsstation genau anzuschauen: „Im Fell der Tiere tobt das Leben! Da tummeln sich Motten, man sieht die verschiedensten Typen von Insekten, Algen, auch Pilze: Offensichtlich ist die Körperbehaarung von Faultieren ein beliebter Lebensraum.“
Lebensraum Fell: Insekten, Algen und sogar Pilze bevölkern das Faultier

Seine Schlussfolgerung: „Wenn so viele verschiedene Organismen auf so engem Raum zusammen existieren können, muss es ein System geben, das alles kontrolliert.“ Max Chavarria nahm mehrere Fellproben, um sie in seinem Labor gemeinsam mit Studenten zu untersuchen. Das überraschende Ergebnis: Im Fell der Faultiere sitzen Bakterien, die ein wirksames Antibiotikum produzieren, das Pilze oder mögliche krankmachende Ausscheidungen der krabbelnden Untermieter unschädlich macht.
Projekt mit Faultieren könnte helfen, viele Menschenleben zu retten
Chavarria begann vor drei Jahren mit seinen Forschungen und hat schon 20 neue Mikroorganismen entdeckt, die jetzt darauf warten, benannt zu werden. Die Hoffnung sei, langfristig ein neues Antibiotikum zu entwickeln: „Vorher müssen wir aber noch verstehen, um was für Moleküle es sich handelt und wie diese genau wirken.“ Immer mehr Antibiotika werden unwirksam, weil Erreger dagegen resistent werden. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass bis zum Jahr 2050 weltweit zehn Millionen Menschen an einer Infektion mit multiresistenten Erregern sterben werden. Chavarria: „Unser Projekt könnte dazu beitragen, viele Leben zu retten.“
Faultiere gelten als die gemütlichsten Säugetiere der Welt, sie sind zu einem Markenzeichen und Touristenmagnet in Costa Rica geworden. Sie verlassen die Baumkronen nur, wenn es dort kein Futter mehr gibt und kein anderer Baum auf direktem Wege erreichbar ist. Am Boden sind sie sehr langsam. Mit der Abholzung von Wäldern werden auch die Faultiere immer weniger. Noch sind die Tiere, die zum Abhängen geboren sind, jedoch nicht gefährdet.