1. Landtiere.de
  2. Weitere Tiere

„Hoffnung und Verzweiflung“: Deutsche Hündin rettet 60 Menschen in Erdbebenregion

Erstellt:

Tausende Helfer unterstützten die Menschen im türkisch-syrischen Grenzgebiet nach der Erdbeben-Katastrophe. Hündin Pia ist eine davon.

Kahramanmaras – Uwe Elze sitzt vor den Trümmern eines Wohnhauses in der Stadt Kahramanmaras. Neben ihm liegt seine völlig erschöpfte Suchhündin Pia. Gleich geht es wieder los. Elze laufen Tränen über die Wangen, wenn er von den Erlebnissen der letzten Tage erzählt: „Wir sind alle eine große Menschenfamilie. Das sollten wir alle beherzigen“, sagt er und legt sich die Hand auf Herz. 60 Überlebende hat die Hündin schon in den Trümmern gefunden. Die Freude dann sei unbeschreiblich. Und Tote? Er hat aufgehört, zu zählen. Auch dafür fehlen Elze die Worte. Seit Tagen schwankt er zwischen „Verzweiflung, Hoffnung, Fassungslosigkeit“.

StadtKahramanmaraş
Fläche3.017 km²
Bevölkerung664.958
BürgermeisterHayrettin Güngör

„Organisation vor Ort unbeschreiblich gut“: Hunderttausende helfen im türkisch-syrischen Erdbeben-Gebiet

Als Uwe Elze von dem Beben aus den Nachrichten hört, meldet sich der Hundetrainer aus Celle umgehend als Freiwilliger beim türkischen Konsulat. Zwölf Stunden später sitzt er im Flieger. „Die Organisation vor Ort ist unbeschreiblich gut.“ Für Schlaf ist seitdem kaum Zeit. Am Morgen wacht er mit eingefrorener Mütze in seinem Zelt auf. Elze ist einer von mehr als Hunderttausend Freiwilligen, die in die Erdbebenregion gereist sind.

Erdbebenkatastrophe in der Türkei - Kahramanmaras.
Uwe Elze und seine Hündin Pia helfen im türkisch-syrischen Grenzgebiet nach der verheerenden Erdbeben-Katastrophe. © dpa / Boris Roessler / Bernat Armangue

Eine der Geretteten ist Fatma-Nur. Die zweieinhalbjährige hat 56 Stunden unter den Trümmern gelegen. Zwei Tage lang hätten sie um das kleine Mädchen gebangt, erzählt der Vater. Er und seine Frau hätten sich in zwei Stunden aus den Trümmern befreit, aber an die einzige Tochter, die Helfer später in den Trümmern unter ihrem Bett fanden, kamen sie ohne Hilfe nicht.

„Solidarität, Herzlichkeit und Dankbarkeit“: Hundetrainer von Menschen vor Ort überwältigt

Waren es Helfer, die Fatma-Nur gerettet haben? Die Abgrenzung zwischen Helfern und Opfern verwischen vor Ort. Jeder, der kann, packt an. In den Trümmern stehen Väter, Mütter und Tanten von Getöteten und suchen weiter nach Angehörigen von Nachbarn, Freunden oder nach völlig Unbekannten.

Elze kann die „Solidarität, Herzlichkeit und Dankbarkeit“ der Menschen vor Ort kaum fassen. „Das, was wir von den Leuten empfangen, beeindruckt mich sehr.“ In der Ahrtal-Katastrophe habe es auch viel Hilfe gegeben, aber hier in Kahramanmaras, das sei unbeschreiblich. „Die Leute hier fallen uns um den Hals.“ Immer wieder würde ihnen auch Futter für die Hündin vorbeigebracht, ohne dass sie danach fragen.

Turkish Airlines verabschiedet deutsche Helfer mit Rosen am Flughafen

Die Solidarität erlebt auch Tuncay Ilker. Der Koch aus Istanbul sitzt auf der Ladefläche eines großen Lkw im Zentrum der zerstörten Stadt und rührt in einem gigantischen Kessel Linsensuppe. Menschen hätten alles verloren und würden das wenige, was sie haben, noch mit allen teilen wollen.

Dass noch viele weitere unter den Trümmern verschüttet liegen, verrät der Geruch in der Luft der Stadt mit ehemals 800.000 Einwohnern. Wie viele von ihnen überlebt haben, keiner weiß es. Einige Helfer reisen bereits ab, andere kommen wieder oder reisen neu an. Turkish Airlines verabschiedeten am Sonntagabend deutsche Helfer mit Rosen am Flughafen in Istanbul, wie ein Sprecher berichtete. Jeder Tag in der Katastrophe birgt neue Herausforderungen, kleiner werden sie mitnichten.

Bremer Helfer wollen „langfristig unterstützten“

Dass auch dann weiter geholfen wird, wenn es für viele Menschen in Deutschland in den Hintergrund rückt, dafür will der Bremer Morteza Eshghparast vom Verein Dunya sorgen. „Wir wollen langfristig unterstützen.“ Auch ihm kommen die Tränen. Er habe selber mehrere Tote geborgen. „Aber wir müssen einen klaren Kopf behalten, damit wir helfen können.“

Auch nach unglaublichen sieben Tagen werden noch immer Überlebende gefunden. Die Istanbuler Feuerwehr etwa rettete nach 180 Stunden eine Frau aus den Trümmern. Dass einer irgendwann der letzte sein wird, ist unbestritten – auch dass die Schutthaufen dann irgendwann mit Maschinen abgebaggert werden. Was das für die Menschen bedeutet, die vor den Trümmerbergen zumindest auf den Fund der Körper ihrer Familien oder ihrer Freunde hoffen, ist kaum vorstellbar. Elze und Hündin Pia denken zumindest bisher noch nicht daran abzureisen. dpa

Auch interessant